Auszug aus Kapitel 1

 

Es gab einmal ein kleines noch weitestgehend unentdecktes Elfen- lande, indem es neben vielen Elfenmeistern auch eine ganze Reihe von Elfenmeisterinnen gab. Das war wenig typisch zur damaligen Zeit, denn so kurz nach dem Mittelalter, da die Kraft noch einziges Herrschersymbol war, hatten in all den anderen Ländern, den Län- dern der konservativen Nikoläusen, der emsigen Heinzelmännchen und der hartherzigen Rumpelstilzchen fast nur männliche Herrscher das Sagen, obwohl längst auch die geistige Leistung einen gewis- sen Wert zu gewinnen begann.   
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Aber da die Nachbarstaaten das Thema Problemmanagement noch nicht im Griff hatten – auch das Elfenlande hatte damit jahrelang regelrecht gekämpft – waren sie doch immer froh, Gründe für das Nicht-Handeln zu finden.

Wer das jetzt makaber findet, daß man jährlich teuere Reisen – denn der Arbeitstag so eines Personalleiters ist ganz schön teuer – nur da- für verwendete, Gründe für das Nicht-Handeln zu finden, der sol- lte doch daran erinnert werden, wie schwer es für jemanden wohl sein muß, sich einem Konflikt zu stellen, der noch kein Vertrauen in seine diesbezüglichen fairen Lösungsfähigkeiten entwickeln konnte, und der deshalb schon viele negative Konfliktprozesse hinter sich hat.

Einen Konflikt nicht wahrzunehmen ist deshalb immer – scheint’s – eine Rettung. Solange man danach nur schnell genug den Posten wechselt, sichert das dann auch noch den eigenen guten Ruf, wenn der Nachfolger plötzlich Probleme hat – denen man irgendwann ja bekanntlich nicht mehr ausweichen kann – die man selber nie hatte.

Früher einmal, als die Führung im Elfenlande noch unmenschlich war, ständig Arbeitsplätze abbauen mußte und überhaupt sehr viele Schwierigkeiten, nie aber – per definitione – Probleme hatte, wur- den diese auch selten angegangen und gelöst. Denn viel zu viele haben damals dumm und kurzfristig gedacht, da sie noch nicht wuß- ten, wie schnell man doch von den eigenen Fehlern wieder eingeholt wird. Im Zeitalter der Kommunikation wurde das jedoch zunehmend bewußt.

Aber in dem neuen schönen Elfenlande, mit den Elfenmeisterinnen und Elfenmeistern, hatte man keine Zeit mehr, um Konflikte zu igno- rieren. Denn man hatte so viele spannenden Projekte, Produktideen und Dienstleistungsvisionen, daß man es sich einfach nicht mehr lei- sten konnte, einen Konflikt erst auf dem Spannungshöhepunkt anzu- gehen. Nein, im Elfenlande war man trainiert worden, die Probleme frühzeitig zu erkennen, man hatte gelernt, sie konstruktiv zu lösen und war mit der Zeit so im vernetzten Denken versiert, daß bei der Pro- blemlösung alle Folgeprobleme selbst in der dritten Fortsetzungs- stufe noch ausgeschlossen wurden.

Aber der Weg dorthin war weit gewesen, denn eine wirklich hohe und zugleich zeitsparende Konfliktlösungskompetenz muß bereits in frühen Berufsjahren erworben werden, damit man dann später, als sogenannte Topmanager-Elfe, das fast nebenbei macht. Hat man die grundlegenden Prozesse erst einmal verstanden, dann ist erfolg- reiche und dauerhafte Konfliktlösung nur eine Frage der Übung. Diese sollte man früh beginnen, wenn man noch etwas mehr Zeit zum Reflektieren, und offenere und auch schweigsame Gesprächs- partner für kritisches Feedback hat. Einem Topmanager sagt keiner mehr was, er kriegt nie Lob und schon gar keine Kritik. Also ist es sehr schwer für ihn, wirklich Neues auch noch zu erfahren. Über sich selber ohnehin schon nicht. Geben wird es das aller Erfahrung nach trotzdem!

(ein Auszug aus Band 5: Führung im Elfenlande,
ISBN 3-9807881-4-8, 37 €)
(Symbol: externer Link)

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